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Wie der Bund eine €40 Mrd.-Lücke schließt

Wir schreiben das Jahr 2016, als wir erstmals vor den damals sehr hohen Sondererträgen aus Agien bei der Aufstockung von Bundesanleihen gewarnt haben. Deutlich poetischer drückte es damals unser Haus-Volkswirt Dr. Wolfgang Schnorr aus, in dem er titelte: Dem Nullzins seine dunkle Seite.

Seitdem ist kein Jahr vergangen, in dem wir nicht auf diesen fiskalischen Bumerang in Abhängigkeit von der Zinsentwicklung hingewiesen haben. Dieser entsteht, wenn aus Agien oder Aufschlägen bei Anleiheemissionen irgendwann Disagien oder Abschläge werden. Der Bund also Anleihen mit „Verlust“ verkaufen muss.

Im Jahr 2022 traf es schließlich Finanzminister Lindner, der erstmals infolge der Zinswende statt üppiger Sondereinnahmen erhebliche Belastungen im Haushalt sowie in Sondervermögen hinnehmen musste. Er wird daher auch als der Finanzminister in die Geschichte eingehen, der in seiner Amtszeit ca. 40 Milliarden Euro Disagio-Verluste zu verkraften hatte. Davon entfallen alleine schätzungsweise 20 Milliarden Euro auf das Jahr 2023 und weitere 14 Milliarden Euro auf 2024. Für das Jahr 2025 steht bislang ein Sollwert von 9,2 Milliarden Euro in der Haushaltsplanung des Bundes. Dieser umfasst aber keine Finanzierung von Sondervermögen. Am meisten profitieren von den „goldigen“ Nullzinszeiten konnte übrigens der damalige Finanzminister Scholz, der sich über 28 Milliarden Windfall-Profits während seiner Amtszeit freuen konnte.

Wir haben wiederholt auf eine sachgerechte Änderung der Rechnungslegung hingewiesen, um die früheren Sondereinnahmen über die gesamte Laufzeit abzugrenzen, anstatt sie vorab zu „verfrühstücken“ respektive auszugeben. Man stelle sich nur vor, wir könnten heute die in der Vergangenheit gebildeten Rückstellungen* haushaltsneutral auflösen.

Aber was ist passiert? Bislang nichts… Die Verlockung des leichten und schnellen Geldes war offenbar zu groß. Umso enttäuschender ist, dass dieser finanzielle Segen nicht einmal in die viele offenen Baustellen -Stichwort Zukunftsfähigkeit Deutschlands (Bildung, Mobilfunk, Digitalisierung, Verteidigung, Verkehrsinfrastruktur etc.) – investiert worden ist.

Jetzt, wo nach jahrelangen Warnungen bei den Zinsausgaben urplötzlich und völlig überraschend Milliarden im Haushalt fehlen, scheint sich jedoch auch in der Politik ein Umdenken abzuzeichnen. Presseberichten zufolge sollen jedenfalls durch die Abgrenzung von Veräußerungsverlusten aus Anleihen 2025 Einsparungen von rund 9 Milliarden Euro pro Jahr erzielt werden.

Über den Zeitpunkt der Umstellung der Rechnungslegung muss man sich natürlich nicht wundern, kann sich vielleicht sogar empören oder richtig ärgern. Dennoch, in der Sache ist die Abgrenzung richtig und überfällig. Insofern kommt die Entscheidung zwar (zu) spät, ist aber für eine größere Transparenz überfällig.

* Vielleicht werden ja in der Vergangenheit nicht gebildete Rückstellungen auch einfach nachgeholt?